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12 AGENDA
woxx  |  24 04 2015  |  Nr 1316
EXPOTIPP
„La projection du passé“
FOTOGRAFIE
Ode an die Archive
„Mémoires en transitions“
Anina Valle Thiele
Mit seinen zwei Ausstellungen „Mémoires en transitions“ im Neumënster und „La projection du passé“ im Natioalarchiv würdigt
der Fotograf Andrés Lejona die historischen Archive auf je eigene und beeindruckende Art und Weise.
„La projection du passé“ im Natio- nalarchiv (AnLux) besteht aus nur  sieben, mit großem Aufwand herge- stellten, Fotografien. Seiner Arbeit  an dem Projekt (im Rahmen des  „Mois européen de la photographie“)  hat Andrés Lejona Dokumente der  Nationalarchive zugrundegelegt und  diese in den Räumlichkeiten der  Archive so abgelichtet, dass in den  Aufnahmen Spiegelungen entstanden.  Durch das Arrangement der Objekte  und die Technik der Videoprojektion  sind die abgelichteten Objekte schnell  zu Protagonisten geworden, die eine  (vermeintlich) neue Realität wider- spiegeln. Auf der Aufnahme von zwei  aufeinander gestapelten, verschnürten  dicken Archivbänden sind so etwa  die Silhouetten von drei Männern  schemenhaft zu erkennen; auf einer  anderen Fotografie, die die Gänge der  Archive zeigt, zeichnet sich im Hinter- grund das Emblem der ARBED ab. Die  sieben großformatigen Foto-Arbeiten  beeindrucken nicht nur - vor allem  durch ihre Technik -, sondern bilden  auch eine ausgezeichnete Ergänzung  zu der etwas verstaubt anmutenden 
Dauerausstellung, die auf schnöden  Papp-Stellwänden historische Expona- te aus den Archiven präsentiert und er- läutert. Im Zusammenspiel mit diesen  wirken Lejonas kunstvolle Fotografien  komplementär und entfalten - wertvol- len Schätzen gleich - erst so ihre volle  Wirkung.
Für das Projekt „Mémoires en transi- tions“ in der Abtei Neumünster hat  Lejona alte Bauernhöfe fotografiert.  Das Projekt, wie schon dessen Konzep- tion, ist im Zusammenwirken mit der  Kunsthistorikerin Marguy Conzémius  entstanden. Anhand zahlreicher, auch  multimedialer, Elemente, wie Ton- Material, und anhand von Lejonas  Fotografien kann der Besucher die  Geschichte des Bireler Bauernhofs in  Sandweiler ausführlich erkunden. 
Dazu wurden die historischen Etappen  des Hofs rekonstruiert. Im Mittelpunkt  der Erzählungen steht die Familie  Schmitz, die 112 Jahre lang im Besitz  des Hofs war. Diverse Exponate, wie  exotische Funde von Reisen nach  Indonesien, führen zu einer Vermi- schung solcher Erinnerungsstücke mit  Jugendstilmöbeln aus der Heimat. In  den Archiven lässt sich nachlesen, wie  in beiden Weltkriegen Soldaten auf  dem Hof einquartiert waren. Eine Tafel  beleuchtet auch den Werdegang von  Hedwig Schmitz, deren Mann Alderich  im Ersten Weltkrieg starb, sodass sie 
ihre fünf Kinder alleine durchbringen  musste. Das Schicksal dieser starken  Frau, die in der Geschichte des Bireler  Hofes eine tragende Rolle gespielt hat,  lebt so wieder auf.
Beim Gang durch die Ausstellung  kann man hunderte von historischen  und genealogischen Fakten, offiziellen  Dokumenten, Postkarten, Tagebüchern  und Tönen entdecken, die zusammen  ein Panoptikum der Geschichte der  Familie Schmitz ergeben. Das Mate- rial kann in den Schubladen und in  den Vitrinen sowie auf der Webseite  www.memoiresentransitions.lu erkun- det werden. 
Das Projekt zum „Birelerhof“ hat es  Lejona erlaubt, drei seiner Leiden- schaften zu vereinen: die Fotogra- fie, das Zeichnen und die Malerei.  Gemeinsam mit Conzémius hat er  Ereignisse ausgewählt, die verschie- dene bedeutende Momente in der  Geschichte des Hofes beschreiben.  In minutiöser Kleinarbeit hat er die  Ereignisse gemalt, ausgeschnitten und  in eine Fotografie des aktuellen Ortes  eingefügt. Durch das Aufkleben von  Elementen, wie z. B. eines Vogels oder  eines Flugzeugs, auf eine großflächi- ge Aufnahme des Hofes ist so eine  surreale Collage entstanden. Für  den Künstler selbst bedeutete dieser  Akt, dass er die Vergangenheit in die  Gegenwart zurückgebracht hat. Das 
dabei entstandene große Bild stellt für  ihn als Künstler den Hauptbeitrag zu  dem Projekt dar.
So verschieden die beiden Ausstellun- gen Lejonas auch sein mögen - eines  ist ihnen gemein: Die Wichtigkeit  der Archivarbeit wie der historischen  Dokumente wird durch sie hervorge- hoben. Ohne archivierte Dokumente  wäre es fast unmöglich, Geschichten  und Erinnerungen zu rekonstruieren.  Beide Ausstellungen würdigen damit  auf ihre Weise die nationale Archiv- arbeit. „La projection du passé“ lässt  die Archivdokumente wie geheimnis- volle historische Schätze erscheinen,  „Mémoires en transitions“ erforscht,  indem sie anhand von vorhandenem  Archivmaterial Geschichten über  verschiedene Bauernhöfe sammelt,  das kollektive Gedächtnis von Luxem- burgs Primärsektor. Beide Ausstellun- gen verweisen damit fotografisch auf  die Dringlichkeit, Erinnerung(en) zu  bewahren. 
„Mémoires en transitions“ bis zum  21. Juni im Neimënster (Salles voûtées)  und „La projection du passé“ in den  Nationalarchiven (Plateau Saint Esprit)   bis zum 31. Mai 2015.
FOTO: ANDRÉS LEJONA, PHOTO INSPIRÉE DU DOCUMENT ANLUX, ARBED PV-0131
FOTO: WOXX


































































































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